Ein torkelnder Gang, Kribbeln und Verlust der Feinmotorik in den Fingern, aber kaum oder keine Schmerzen, dass hinter solchen Problemen eine Schädigung der Halswirbelsäule stecken könnte, dürften nur die wenigsten ahnen. Die zervikale Myelopathie, eine Rückenmarksstörung durch eine Verengung der Halswirbelsäule, ist nicht selten. „Bei uns im Clemenshospital behandeln wir üblicherweise mehrere Patienten pro Woche“, berichtet die Chefärztin der Klinik für Neurochirurgie, Prof. Dr. Uta Schick.
Bei der zervikalen Myelopathie hat sich der Spinalkanal verengt, also der Hohlraum, durch den das Rückenmark läuft. Im Gegensatz zu den Bandscheibenvorfällen, die seitlich auf die Wurzel drücken und Schmerzen im Arm machen, führt dies zu einer mittigen Störung, die auf die Beine geht und eine Gangunsicherheit macht. Dazu können auch noch Lähmungen und eine Spastik kommen, betont die Neurochirurgin. Das Krankheitsbild ist langsam fortschreitend. Betroffenen wird auch zu Beginn davon abgeraten, Brustschwimmen zu machen, beim Friseur sollte ein Handtuch im Nacken liegen, damit der Hals nicht nach hinten überstreckt wird.
Am Anfang der Behandlung steht die Untersuchung mit dem MRT, „Wir müssen natürlich andere neurologische Ursachen für die Beschwerden ausschließen, das könnten ein Tumor, eine Entzündung oder auch ein Vitamin B12-Mangel sein.“ Wenn klar ist, dass es sich um eine zervikale Myelopathie handelt, die operiert werden muss, schlägt die Stunde des Neurochirurgen, „Das ist allerdings ein Eingriff, den man gut können muss“, stellt Prof. Schick klar. Während des Eingriffs, der meistens von vorne am Hals vorgenommen wird, werden die knöchernen Randkanten mit einer kleinen vier Millimeter Diamantfräse abgeschliffen und an die Stelle der Bandscheibe ein sogenannter Cage eingesetzt, ein kleines Körbchen aus Kunststoff mit einer Titanmarkierung für das Röntgenbild. Sind mehrere Höhen, zum Beispiel drei bis vier betroffen, wird der Kanal mitunter stattdessen von hinten langstreckig aufgeklappt und mit kleinen Titanplättchen offen gehalten (Laminoplastie).
Im Clemenshospital, einem der münsterischen Krankenhäuser der Alexianer, wird die Funktion der Nervenbahnen während der Operation fortlaufend elektronisch überwacht, damit es nicht zu Schädigungen kommt. Auch die Intubation zu Beginn der Narkose kann nicht wie bei anderen Eingriffen erfolgen, da der Kopf nicht weit nach hinten geneigt werden darf. Die Behandlung von Patientinnen und Patienten mit einer zervikalen Myelopathie erfordert große Sachkenntnis auf allen Seiten. „Die Operation hat zur Folge, dass sich das Krankheitsbild nicht weiter verschlechtert. Leider erholt sich das Rückenmark nur langsam und meistens nicht vollständig. Es können also Störungen zurückbleiben“, bedauert die Chefärztin. Umso wichtiger ist die frühe Diagnose.